Kinder werden mit einem biologischen Geschlecht geboren, mit etwa zwei Jahren erkennen sie diesen Unterschied, mit circa vier Jahren sehen sie sich auch bewusst als einem dieser Geschlechter – Junge oder Mädchen – zugehörig. In diese Zeit fällt meist der Eintritt in den Kindergarten.
Biologisches und soziales Geschlecht
Damit beginnt einer der ersten großen Bildungsabschnitte außerhalb der Familie. Eine wesentliche Entwicklungsaufgabe stellt in diesem Alter die Ausbildung und Festigung einer stimmigen Geschlechteridentität dar. Geschlechterdifferenzen wurden bis zu diesem Zeitpunkt im familiären Umfeld erfahren: Papi sieht anders aus als Mami (biologisch) oder Papi geht morgens weg, Mami bleibt bei mir (sozial). Denn trotz gleichwertiger Qualifikation sind es oftmals einfach die finanziellen Überlegungen, die eine junge Familie dazu zwingen, die altbekannte Aufgaben- und Rollenverteilungen zumindest auf eine gewisse Zeit beizubehalten. In der Entwicklungsphase des sozialen Geschlechts ist es wichtig, dass die Kinder adäquate Unterstützung durch das pädagogische Fachpersonal erhalten.
Gendersensible und geschlechtsneutrale Pädagogik
Mädchen werden nicht im rosa Tüllkleid geboren, Jungs sind nicht genetisch bedingt Fans von Baumeister Bob. Darüber, dass Kinder in diesem Alter am besten geschlechtsneutral erzogen werden sollten, herrscht breiter Konsens. Dafür kann auch die Kita-Ausstattung sorgen. Legosteine oder Bauklötze sind nicht geschlechtsspezifisch, Mädchen brauchen kein rosa Namensschild und Jungs keine hellblaue Zahnbürste. In der pädagogischen Arbeit sollten möglichst viele gemeinsame Elemente für Mädchen und Jungen etabliert werden, in der Erziehung sollte die Anerkenntnis der Einzigartigkeit (das biologische Geschlecht ist eben nur ein Aspekt dessen, was einen Menschen ausmacht) und das Streben nach gegenseitigem Verständnis den Schwerpunkt bilden.
Dafür bedarf es einer qualifizierten Ausbildung der pädagogischen Fachkräfte. Nur wenn Erzieherinnen und Erzieher sensibel für Geschlechter- und Rollenzuschreibungen in ihrer täglichen Arbeit mit Kindern sind, kann es gelingen, diese auch kritisch zu hinterfragen und zu überwinden.
Es geht nicht darum, dass ein Mädchen kein Mädchen und ein Junge kein Junge sein kann. Stellen wir uns vielmehr die Frage: Erwarten wir eine Erziehung unserer Kinder zu Mädchen und Jungen oder eine Erziehung unserer Söhne und Töchter zu Menschen?